Finanzielle und
praktische Hilfen

Diese Übersicht über finanzielle und praktische Hilfen soll Ihnen als Anregung und Orientierung dienen, welche Hilfen Familien mit einem Kind mit Seltener Erkrankung grundsätzlich zustehen könnten. Einige davon sind frei zugänglich, die meisten müssen jedoch beantragt werden und eine Bewilligung hängt immer vom Einzelfall ab. Falls Sie Fragen oder Probleme bei der Beantragung oder Bewilligung von Leistungen haben, empfiehlt es sich, eine individuelle Beratung in Anspruch zu nehmen. Grundlegende Informationen sowie weiterführende Links zu juristischen Hilfen finden Sie im Ratgeberbereich „Juristischer Beistand“. Eine ausführliche Darstellung von Hilfen für Kinder mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen, die sich weitestgehend mit möglichen Hilfen für Kinder mit Seltenen Erkrankungen und ihre Familien überschneiden, finden Sie im Ratgeber „Mein Kind ist behindert–diese Hilfen gibt es“ des Bundesverbandes für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V..

Schwerbehindertenausweis:

Ein Schwerbehindertenausweis ist die amtliche Anerkennung einer Schwerbehinderung. Man erhält ihn ab einem Grad der Behinderung (GdB) von 50. Die Ermittlung des GdB erfolgt nach festgelegten Regeln, die sich in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (umgangssprachlich auch GdB-Tabelle) nachlesen lassen. Verschiedenen Einschränkungen wird in diesen Grundsätzen ein bestimmter GdB zugeordnet. Mit dem Ausweis erhält man Zugang zu einigen Nachteilsausgleichen (s.u.). Die Beantragung eines Schwerbehindertenausweises erfolgt (freiwillig) über das Versorgungsamt oder die Kommunalverwaltung. Liegt die Ursache der Behinderung nachweislich in der Vergangenheit (z.B. genetische Ursache, Geburtstrauma), so lässt sich oft auch eine rückwirkende Feststellung der Schwerbehinderung beantragen. Das kann sich zum Beispiel aufgrund der damit einhergehenden Steuererleichterungen lohnen, die dann auch rückwirkend geltend gemacht werden können. Informieren Sie sich hierzu am besten in einer Beratungsstelle, zum Beispiel im Rahmen einer Ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung – EuTB. In dem Ausweis gibt es, neben Angabe des GdB, unterschiedliche Merkzeichen (z.B. H = hilflos; aG = außergewöhnliche Gehbehinderung), die von der Art der Behinderung abhängen und verschiedene Nachteilsausgleiche mit sich bringen. Der Ausweis wird in der Regel für 5 Jahre ausgestellt. Finden während dieses Zeitraums wesentliche Änderungen des Gesundheitszustandes statt, können GdB und Merkzeichen auch angepasst, oder der Ausweis zurückgenommen werden.

Auf der Seite des Familienratgebers finden Sie Informationen zum Schwerbehindertenausweis und auf der Seite „einfach teilhaben“ finden Sie Informationen zur Beantragung des Ausweises.

Leistungen der Pflegeversicherung

Pflegegrad:

Seit dem 01.01.2017 ersetzen fünf Pflegegrade die ehemaligen drei Pflegestufen. Der Pflegegrad richtet sich nach der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit bzw. Fähigkeiten der pflegebedürftigen Person. Daher sollten bei der Beurteilung der Pflegebedürftigkeit auch konkret die Defizite herausgestellt werden – auch wenn natürlich normalerweise die Fortschritte und Fähigkeiten eines Kindes im Fokus stehen. Da auch gesunde Kinder eine natürliche Pflegebedürftigkeit haben, zählt bei der Ermittlung des Pflegegrades von Kindern die Abweichung zu der Selbstständigkeit bzw. den Fähigkeiten eines gesunden Kindes.

Um einen Pflegegrad zu erhalten, muss ein Antrag auf Pflegeleistungen bei der Pflegekasse (befindet sich bei der Krankenkasse) gestellt werden. Es erfolgt dann eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK). Es macht Sinn, sich auf den Besuch des MDK vorzubereiten, da einem oft spontan nicht alle relevanten pflegerischen Mehraufwande einfallen. Es gibt Online-Pflegegradrechner (zum Kinderpflegenetzwerk), die die besonderen Vorgaben bei Kindern berücksichtigen. Zudem können die Begutachtungs-Richtlinien im Rahmen einer Beratung zum Thema Pflegegrad durchgegangen werden. Wo Sie Beratungsangebote finden, können Sie in unserem Artikel zu Anlaufstellen nachlesen.

Familie Schiller freut sich, denn ihr Antrag auf einen Pflegegrad für den Sohn Jonas, der 4 Jahre alt ist und das Angelman-Syndrom hat (einen seltenen Gendefekt), wurde nach dem Besuch des MDK bewilligt. Jonas hat direkt Pflegegrad 3 erhalten. Daher bekommt die Familie ab dem Zeitpunkt der Antragstellung nun Leistungen der Pflegeversicherung – unter anderem mehrere hundert Euro Pflegegeld pro Monat. Doch zu der Freude kommt auch ein wenig Ärger. Denn Familie Schiller hätte vermutlich schon viel früher einen Pflegegrad (und somit auch die Pflegeleistungen) für ihren Sohn erhalten können.

„Wir dachten, es braucht schließlich jedes kleine Kind Pflege – was macht da die Pflege für unseren Sohn für einen Unterschied? Nun wissen wir, dass es sehr wohl Unterschiede gibt. Andere Kinder in Jonas‘ Alter sind viel selbstständiger, zum Beispiel wenn es ums Essen, Anziehen oder Gefahrenbewusstsein geht. Im Nachhinein hätten wir viel eher einen Antrag stellen sollen. Was kann schon passieren? Im schlimmsten Falle wird er abgelehnt und man versucht es einfach später erneut. Im besten Falle erhält man sehr hilfreiche Leistungen. Wir können nur jeder Familie raten, frühzeitig einen Antrag zu stellen!“

Pflegegeld, Pflegesachleistung oder Kombileistung:

Mit Feststellung eines Pflegegrades (ab Pflegegrad 2) besteht Anspruch auf Pflegegeld, Pflegesachleistung oder eine Kombination von beidem. Unter Pflegesachleistung versteht man die ambulante Pflege oder Betreuung durch einen Pflegedienst. Dieser rechnet direkt mit den Pflegekassen ab. Pflegegeld erhält Ihr pflegebedürftiges Kind bzw. stellvertretend Sie, wenn Sie die Pflege Ihres Kindes zu Hause übernehmen. Je nach Pflegegrad des Kindes sind dies in etwa zwischen 300 bis 900 Euro monatlich. Wird eine Pflegesachleistung, also die Betreuung durch einen Pflegedienst, zwar in Anspruch genommen, aber nicht in voller Höhe, erhalten Sie anteiliges Pflegegeld (=Kombinationsleistung). Auf der Seite des Bundesministeriums für Gesundheit können Sie sich mithilfe des Pflegeleistungs-Helfers verschiedene Kombinationsmöglichkeiten anzeigen lassen.

Persönliches Budget:

Das Persönliche Budget ist eine Geldleistung, die Menschen mit Behinderungen anstelle von Sachleistungen in Anspruch nehmen können. So sollen mehr Unabhängigkeit und Selbstbestimmung ermöglicht werden. Es besteht ein rechtlicher Anspruch darauf. Bei Inanspruchnahme müssen nicht alle Sachleistungen in ein persönliches Budget umgewandelt werden, es können auch einige Sachleistungen weiter als Sachleistungen bezogen werden, während andere Teilhabeleistungen in Form eines persönlichen Budgets in Anspruch genommen werden. Beispielsweise kann ein persönliches Budget für eine Schulassistenz oder persönliche Assistenz (zum Familienratgeber) im Kindergarten beantragt werden, während andere Teilhabeleistungen weiterhin als Sachleistungen erbracht werden. Da das Thema komplex werden kann, empfiehlt es sich, eine kostenfreie Beratung dazu in Anspruch zu nehmen (z.B. die ergänzende unabhängige Teilhabeberatung). Erkundigen Sie sich dabei vorher, ob die Beratungsstelle Erfahrung mit dem Thema hat. Auf der Seite „einfach teilhaben“ finden Sie weiterführend Informationen zum persönlichen Budget.

Entlastungsbetrag:

Pflegebedürftige jeden Pflegegrades in häuslicher Pflege haben Anspruch auf einen monatlichen Entlastungsbetrag (aktuell 125 Euro), der nicht gesondert beantragt werden muss. Dieser Entlastungsbetrag ist zweckgebunden, das heißt er kann nur für bestimmte Leistungen, die der Entlastung der Pflegepersonen dienen, eingesetzt werden. Die Abrechnung kann über einen anerkannten Pflegedienst erfolgen. In einigen Bundesländern kann der Betrag zusätzlich mit registrierten privaten Helfern abgerechnet werden. Informieren Sie sich diesbezüglich über bundeslandspezifische Besonderheiten. Wurde der Betrag in einem Monat nicht vollständig ausgeschöpft, wird er in den Folgemonat übertragen und steht noch eine festgelegte Zeitdauer zur Verfügung. Informieren Sie sich dazu bei Ihrer Pflegekasse. Bei dieser können Sie auch den Betrag erfragen, der Ihnen aktuell für Entlastungsleistungen zur Verfügung steht. Weitere Informationen zum Entlastungsbetrag finden Sie auf der Seite des Bundesgesundheitsministeriums.

Pflegehilfsmittel:

Pflegebedürftige jeden Pflegegrades, die zu Hause gepflegt werden, können ein monatliches Budget für Pflegehilfsmittel erhalten. Dazu können z.B. Einmal-Handschuhe, Desinfektionsmittel, Betteinlagen gehören. Pflegehilfsmittel werden über ein Sanitätshaus bezogen und abgerechnet. Fragen Sie bei Ihrer Pflegekasse, welche Anbieter für Sie in Frage kommen.

Verhinderungspflege (auch stundenweise!):

Verhinderungspflege kommt dann zum Einsatz, wenn die Pflegeperson verhindert ist, aus welchem Grund auch immer. Eine andere private Person, ein Familienentlastender Dienst (FeD/ FuD) oder ein ambulanter Pflegedienst übernimmt dann die Pflege. Es können bis zu ca. 1.600 Euro je Kalenderjahr erstattet werden. Dafür müssen alle Belege und Nachweise der Kosten bei der Pflegekasse zusammen mit einem Antrag auf (stundenweise) Verhinderungspflege eingereicht werden.

Achtung: wird die Verhinderungspflege von einer Person, die bis zum 2. Grad mit Ihrem pflegebedürftigen Kind verwandt oder verschwägert ist, ausgeführt, erhalten Sie weniger Geld.

Achtung: Wird die Verhinderungspflege als sogenannte reguläre Verhinderungspflege in Anspruch genommen, das heißt länger als 8 Stunden am Stück, wird das Pflegegeld bzw. die Pflegesachleistungen anteilig gekürzt. Die Verhinderungspflege ist dann auch auf 6 Wochen (42 Tage) im Jahr begrenzt. Sind Sie hingegen weniger als 8 Stunden am Stück verhindert und benötigen daher nur stundenweise Verhinderungspflege, wird das Pflegegeld/ Pflegesachleistung in voller Höhe weitergezahlt und die Ersatzpflege wird nicht auf die 6 Wochen angerechnet. Vermerken Sie auf jeden Fall in Ihrem Antrag auf Verhinderungspflege, falls Sie nur stundenweise Verhinderungspflege in Anspruch nehmen möchten. Auf der Seite des Bundesgesundheitsministeriums finden Sie weitere Informationen zum Thema Verhinderungspflege.

Kurzzeitpflege:

Kurzzeitpflege bedeutet, dass das pflegebedürftige Kind für einen kurzen Zeitraum, maximal 8 Wochen (56 Tage) im Jahr, stationär in einem Pflegeheim untergebracht wird. Der maximale Zuschuss der Pflegekasse beträgt aktuell ca. 1.600 Euro im Jahr. Der Antrag erfolgt bei Ihrer Pflegekasse. Für Familien mit Kindern mit Seltener Erkrankung scheint das zunächst oft keine Option zu sein, es gibt aber mittlerweile zahlreiche Einrichtungen, die auf Kinder spezialisiert sind und mit denen Familien gute Erfahrungen gemacht haben. So erfolgt die Unterbringung meist in Einrichtungen der Behindertenhilfe und keinem klassischen Pflegeheim. Dies kann sich daher für Ihr Kinder wie Urlaub anfühlen, teilweise können Sie als Eltern/ Familien auch vor Ort untergebracht werden. Es gibt auch die Möglichkeit, (un-)regelmäßige Wochenendbetreuung als Kurzzeitpflege in Anspruch zu nehmen.

Auf der Seite des becura e.V. können Sie nach geeigneten Einrichtungen suchen.

Achtung: Möchten Sie keine (oder nicht den gesamten Betrag) Kurzzeitpflege in Anspruch nehmen, können Sie bis zu 50% des Betrages der Kurzzeitpflege (also maximal ca. 800 Euro) in Leistungen der Verhinderungspflege umwandeln, sodass mit diesem Geld eine Person Ihr Kind zu Hause betreut, wenn Sie verhindert sind.

Tages- und Nachtpflege:

Mit Hilfe der Tages- und Nachtpflege bzw. teilstationären Pflege kann die häusliche Pflege ergänzt werden, sodass keine vollstationäre Pflege notwendig wird. Dies kann z.B. hilfreich sein, wenn Ihr Kind eine ständige Beaufsichtigung benötigt, die Sie nicht dauerhaft leisten können. Auf der Seite pflege-dschungel.de finden Sie weitere Informationen zur Tages- und Nachtpflege.

Vollstationäre Pflege:

Bei vollstationärer Pflege übernimmt die Pflegeversicherung einen Teil der Kosten in Höhe eines Festbetrages je nach Pflegegrad. An den Tagen, an denen sich die Pflegebedürftigen in häuslicher Pflege befinden, wird anteilig Pflegegeld gezahlt. Bei Kindern und Jugendlichen mit Seltener Erkrankung kann eine Unterbringung in einem Wohnheim für Menschen mit Behinderung in Frage kommen. Die Kosten hierfür trägt dann bei Kindern und Jugendlichen die Eingliederungshilfe. Bei volljährigen Menschen mit Behinderung werden seit Januar 2020 existenzsichernde Leistungen (Unterkunft, Heizung, Verpflegung) des Sozialhilfeträgers und Leistungen der Eingliederungshilfe (Unterstützung und Betreuung) getrennt. Eigenes Vermögen und Einkommen bzw. Vermögen und Einkommen der Eltern werden zum Teil angerechnet.

Pflegekurse:

Pflegende Angehörige haben die Möglichkeit, kostenlos an einem Pflegekurs teilzunehmen. Die Schulung kann auch in der häuslichen Umgebung des Pflegebedürftigen stattfinden. Es gibt außerdem Spezialkurse zur Pflege von pflegebedürftigen Kindern. In unserem Ratgeber zum Thema Pflegeberatung finden Sie weitere Informationen zu dem Thema.

Familienpflegezeit:

Mithilfe der Familienpflegezeit sollen die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf verbessert werden. Pflegende Angehörige können 1. Im Akutfall während einer 10-tägigen Auszeit von der Arbeit Pflegeunterstützungsgeld erhalten; 2. Während einer maximal sechsmonatigen Pflegezeit von der Arbeit ganz oder teilweise freigestellt werden und währenddessen ein zinsloses Darlehen erhalten; 3. Während einer bis zu 24-monatigen Familienpflegezeit ihre Arbeitszeit auf 15 Wochenstunden reduzieren und ein zinsloses Darlehen erhalten. Auf der Seite wege-zur-pflege.de finden Sie weitere Informationen zur Familienpflegezeit.

Zuschuss zu Wohnraumanpassungen:

Pflegebedürftige bzw. deren Angehörige können bei ihrer Pflegekasse einen Antrag auf einen Zuschuss für eine Verbesserung des Wohnumfeldes stellen. Dazu zählt z.B. der Einbau einer ebenerdigen Dusche oder das Anbringen von Geländern. Bis zu 4.000 Euro pro Maßnahme werden aktuell übernommen. Wichtig: der Antrag muss vor den Umbaumaßnahmen erfolgen! Tipp: Auch über die Eingliederungshilfe können Mittel beantragt werden, die einer Anpassung der Wohnung an die Bedürfnisse des Bewohners dienen. Diese Mittel sind einkommens- und vermögensabhängig. Auf der Seite des Bundesgesundheitsministeriums finden Sie weitere Informationen zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen.

Wohngruppenzuschlag (Pflege-WG):

Pflegebedürftige, die in einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft mit insgesamt mindestens 3 und maximal 12 Bewohnern leben, haben bei Erfüllung einiger weiterer Voraussetzungen Anspruch auf einen Wohngruppenzuschlag in Höhe von monatlich ca. 200 Euro. Zu den weiteren Voraussetzungen zählt, dass mindesten drei der Bewohner mindesten Pflegegrad 1 haben und der entsprechende Pflegebedürftige ambulante Pflegesachleistungen, das Pflegegeld, die Kombinationsleistung, Angebote zur Unterstützung im Alltag oder den Entlastungsbetrag in Anspruch nimmt. Mit dem Betrag soll eine gemeinschaftlich beauftragte Person bezahlt werden können, die zusätzlich anfallende organisatorische, verwaltende, betreuende oder hauswirtschaftliche Leistungen übernimmt. Weitere Informationen zum Wohngruppenzuschlag erhalten Sie auf der Seite des Bundesgesundheitsministeriums.

Für eine optimale Nutzung des Pflege-Budgets kann es sinnvoll sein, die Umwandlungsmöglichkeiten der einzelnen Leistungen zu überprüfen. Viele Leistungen lassen sich, wenn sie in der ursprünglich angedachten Form nicht genutzt werden, in eine andere Leistungsart umwandeln, um so doch noch genutzt zu werden. Das geht z.B. wie oben beschrieben bei der Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege. Wird die Verhinderungspflege nicht genutzt, kann dieser offene Betrag zu 100% für die Kurzzeitpflege eingesetzt werden. Andersherum kann man 50% der Kurzzeitpflegeleistung in Verhinderungspflege ummünzen. Die restlichen 50% der Kurzzeitpflege stehen einem natürlich weiherhin zu. Weiterhin ist es möglich, bis zu 40% der Pflegesachleistungen für Angebote zur Unterstützung im Alltag zu nutzen, dazu gehören z.B. Betreuungsangebote oder Hilfen im Haushalt. Das kann nützlich sein, wenn Sie mit dem Entlastungsbetrag nicht auskommen. Finanziell kann es sich z.B. lohnen, da Sie Betreuungsleistungen nicht über einen professionellen Pflegedienst beziehen müssen, sodass weniger Kosten entstehen. Denkbar ist z.B. auch, ein Urlaubscamp (= Angebot zur Unterstützung im Alltag) oder ähnliches mit dem zusätzlich verfügbaren Budget für Entlastungsleistungen zu finanzieren. Auch wenn Sie bisher lediglich Pflegegeld beziehen, könnte es sich lohnen, stattdessen die Kombination aus Pflegesachleistung und Pflegegeld zu beziehen (mit einem sehr kleinen Teil Pflegesachleistung und einem großen Teil Pflegegeld) und dann den Betrag der Pflegesachleistung umgewandelt für Angebote zur Unterstützung im Alltag zu nutzen.

Eine individuelle Beratung ist ratsam, da die verschiedenen Möglichkeiten sehr komplex sein können und immer vom konkreten Fall abhängig ist, was sinnvoll und möglich ist.

Mehr Informationen zur Pflegeberatung finden Sie hier. Auf der Seite des Familienratgebers sowie des Bundesgesundheitsministeriums finden Sie zudem weiterführende Informationen zu den Leistungen der Pflegeversicherung.

Weitere finanzielle und praktische Hilfen

Eingliederungshilfe:

Die Eingliederungshilfe umfasst verschiedene Leistungen, die eine selbstbestimmte Lebensführung für Menschen mit Behinderungen ermöglichen sollen. Durch das Bundesteilhabegesetz wurde das Recht auf Eingliederungshilfe zum 01.01.2020 neu geregelt. Die Leistungen der Eingliederungshilfe sind in vier Leistungsgruppen aufgeteilt: Leistungen zur sozialen Teilhabe, Leistungen zur Teilhabe an Bildung, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation.

Zu Leistungen der sozialen Teilhabe gehören z.B. heilpädagogische Leistungen, Leistungen zur Mobilität (Beförderungsdienst) sowie Assistenzleistungen zur selbstbestimmten und eigenständigen Bewältigung des Alltags.

Durch die Leistungen zur Teilhabe an Bildung erhalten Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene die nötige Unterstützung in der Schule, der Ausbildung oder dem Studium. Hierunter zählt z.B. die Schulbegleitung.

Zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gehören Leistungen im Arbeitsbereich einer Werkstatt sowie seit 2018 auch das Budget für Arbeit und Leistungen bei anderen Leistungsanbietern.

Zu den Leistungen der medizinischen Rehabilitation gehören z.B. die Frühförderung und die Gewährung von Heil- und Hilfsmitteln.

Eine persönliche Assistenz (zum Familienratgeber) in verschiedenen Lebensbereichen, z.B. Kindergarten, Schule, Arbeit, Freizeitgestaltung, kann (wenn ein Anspruch besteht) als Leistung der Eingliederungshilfe über das persönliche Budget finanziert oder als Sachleistung bezogen werden. Weiterführende Informationen zu den Leistungen der Eingliederungshilfe finden Sie auf der Seite des Lebenshilfe e.V..

Weitere Informationen finden Sie auch in unserem Ratgeber zum Thema Fördermöglichkeiten für mein Kind.

Windelrezept:

Bei inkontinenten Kindern (ab 3 Jahre) können Windeln über ein Rezept des Kinderarztes bzw. -ärztin oder eines Sozialpädiatrischen Zentrums finanziert werden.

Hier (zum Selbsthilfeverband für Inkontinenz) finden Sie weiterführende Informationen zum „Windelrezept“ und beim VdK einen Artikel zu Schwierigkeiten bei der Übernahme der Kosten einer Windelversorgung.

Nachteilsausgleiche:

Menschen mit Behinderung sowie deren Familien müssen im Alltag mit unterschiedlichen Nachteilen zurechtkommen. Zum Beispiel fallen Gelder für Medikamente oder Hilfsmittel an. Um zumindest einen Teil dieser Nachteile auszugleichen, können Menschen mit Behinderung (bzw. deren Familien) von Nachteilsausgleichen profitieren. Welche das im individuellen Fall sind, hängt von den Merkzeichen des Schwerbehindertenausweises Ihres Kindes und/ oder seinem Grad der Behinderung ab. Beispiele sind Eintrittserlasse für eine Begleitperson, Steuervergünstigungen, Euro-WC-Schlüssel, Kündigungsschutz am Arbeitsplatz sowie Zusatzurlaub, Vergünstigungen bei Bussen und Bahnen, gesonderte Parkplätze.

Eine Übersicht über mögliche Ausgleiche finden Sie auf der Seite des Familienratgebers. Auf der Seite schwerbehindertenausweis.de finden Sie eine individualisierte Nachteilsausgleich-Suche.

Einige Beispiele stellen wir hier vor:

  • Steuervorteile: Menschen mit Behinderung oder ihre Eltern können durch Vorlage des Schwerbehindertenausweises steuerliche Vergünstigungen beim Finanzamt erreichen. Möglich ist z.B. die Absetzung eines Pauschbetrages. Dabei handelt es sich um einen Freibetrag, der vom zu versteuernden Einkommen abgezogen werden kann. Je nach Art der durch die Behinderung entstandenen Mehrbelastungen kann es weitere Steuervorteile geben. Weitere Informationen gibt es auf der Seite des Familienratgebers.
  • EURO-WC-Schlüssel: Der Euro-WC-Schlüssel ermöglicht den Zugang zu mehr als 10.000 behindertengerechten Toiletten in Europa. Er kann für einen geringen Betrag bei dem Club Behinderter und ihrer Freunde (CBF) Darmstadt erworben werden. Bezugsberechtigt sind nur Menschen, die auf behindertengerechte Toiletten angewiesen sind. Auf der Seite des CBF Darmstadt erfahren Sie die genauen Voraussetzungen und können den Schlüssel direkt bestellen.
  • Leistungen zur Mobilität: Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung nur stark eingeschränkt am gesellschaftlichen Leben teilhaben können und denen die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zuzumuten ist, können Leistungen zur Mobilität erhalten. Unter Leistungen zur Mobilität zählen Leistungen zur Beförderung wie beispielsweise Fahrdienste, die im Rahmen eines jährlichen Budgets privat genutzt werden können und Leistungen für ein Kraftfahrzeug, beispielsweise zum Kauf eines Autos oder für die nötige Zusatzausstattung. Kinder mit einer Seltenen Erkrankung können z.B. mit einem Fahrdienst in die Kita oder Schule gebracht werden.